skip to Main Content

Der erste Alleinflug

Event ID: 115

Categories: 

Der rote Kampfflieger von Rittmeister Manfred Freiherrn von Richthofen, 1917, 351.000 - 400.000, Verlag Ullstein & Co, Berlin-Wien

10 October 1915

49.3980764312247, 4.700531287832881
Brieftauben-Abteilung Metz
Vauziers

Source ID: 4

Der rote Kampfflieger von Rittmeister Manfred Freiherrn von Richthofen, 1917, 351.000 - 400.000, Verlag Ullstein & Co, Berlin-Wien p.   

Es gibt so einige Augenblicke im Leben, die einen besonderen Nervenkitzel verursachen, so z. B. der erste Alleinflug. Zeumer, mein Lehrer, erklärte mir eines Abends: »So, nun flieg’ mal alleine los.« Ich muß sagen, daß ich ihm am liebsten geantwortet hätte: »Ich habe zu große Angst.« Aber dies Wort soll ja der Vaterlandsverteidiger niemals in den Mund nehmen. Also mußte ich wohl oder übel meinen Schweinehund ’runterschlucken und mich in die Maschine setzen. Er erklärte mir noch einmal jeden Griff theoretisch; ich hörte nur noch mit halbem Ohre zu, denn ich war der festen Überzeugung: Du vergißt doch die Hälfte. Ich rollte zum Start, gab Gas, die Maschine bekam ihre bestimmte Geschwindigkeit, und mit einem Male konnte ich nicht umhin, festzustellen, daß ich tatsächlich flog. Es war schließlich kein ängstliches, sondern ein verwegenes Gefühl. Mir war jetzt alles Wurscht. Mochte passieren, was da wollte, ich wäre über nichts mehr erschrocken gewesen. Mit Todesverachtung machte ich eine Riesenlinkskurve, stellte an dem genau bezeichneten Baum das Gas ab und wartete der Dinge, [68]die sich nun ereignen würden. Nun kam das Schwierigste, die Landung. Mir waren die notwendigen Handgriffe genau in Erinnerung. Ich machte sie mechanisch nach, jedoch reagierte die Maschine ganz anders als sonst, wo Zeumer drin saß. Ich war aus dem Gleichgewicht gebracht, machte einige falsche Bewegungen, stand auf dem Kopf, und schon gab es wieder mal eine »Schulmaschine«. Sehr traurig beguckte ich mir den Schaden, der sich zum Glück bald beheben ließ, und hatte im übrigen noch den Spott auf meiner Seite. Zwei Tage später ging ich mit rasender Passion wieder an mein Flugzeug, und siehe da, es ging wunderbar. Nach vierzehn Tagen konnte ich die erste Prüfung machen. Ein Herr v. T. war Richter. Ich flog die mir vorgeschriebenen Achten und die mir befohlenen Landungen, worauf ich sehr stolz ausstieg und nun zu meinem größten Erstaunen hörte, daß ich durchgefallen sei. Mir blieb nichts anderes übrig, als später meine erste Prüfung noch einmal zu machen.

This Post Has 0 Comments

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *

Back To Top