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Ich gehe zu den Fliegern.

Event ID: 309

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Die Erinnerungen der Mutter des roten Kampffliegers Kunigunde Freifrau von Richthofen. Im Verlag Ullstein - Berlin, 1937.

21 May 1915

50.84890767354939, 16.476310886960174
Władysława Sikorskiego 19, 58-105 Świdnica, Polen
Swidnica
Schweidnitz

Source ID: 10

Die Erinnerungen der Mutter des roten Kampffliegers Kunigunde Freifrau von Richthofen. Im Verlag Ullstein - Berlin, 1937. p.  56 

“Am Freitag, dem 21. Mai, in aller Herrgottesfrühe kam Manfred nach Schweidnitz, nachdem er tags zuvor telegrafiert hatte. Das Gartentor war noch geschlossen. Plötzlich stand er vor meinem Bett, lachend und drachtig. “Wie bist du hereingekommen, Manfred?” “Übern Zaun.” Wir standen alle schnellstens auf und sammelten uns beim Frühstück. Manfred ist etwas breiter geworden, sieht aber frisch un spannkräftig aus. Die Sonne schien, die Vögel im wilden Wein, in den Hecken und Büschen, zwitscherten in ganzen Chören. Wir gingen in den Garten, saßen unter den alten Nußbäumen, ich wurde nicht müde, Manfreds Erzählen zuzuhören; ich tat der vielen Siege Erwähnung und daß es doch endlich zu Ende gehen müsse. Da sagte Manfred: “Ich glaube nicht, daß wir diesen Krieg gewinnen werden.” Da stand der Satz, nüchtern und sachlich hingesprochen, ich glaube nicht recht gehört zu haben. Und Manfred sagte noch einmal: “Du ahnt ja nicht, wie stark unsere Gegner sind.” “Aber wir siegen doch immer.” “Habt ihr nie etwas von unserem Rückzug an der Marne gehört?” “Nein, davon wußten wir gar nichts.” Und Manfred abschliesend: “Es wird bestenfalls eine Partie remis werden.” Wir sprachen nich dies und das, tauschten Ansichten und Argumente; wie immer überraschten mich seine reifen, verständigen Ansichten.Da sagte Manfred unerwartet, vor mir stehenbleibend: “Ich gehe zu den Fliegern.” Es war etwas sehr Schönes und Frohes in seiner Stimme, als er das sagte, ich verstand nichts davon, konnte mir wenig darunter vorstellen, doch ich wußte, wenn er einmal etwas aussprach, so war es innerlich schon bei ihm Tatsache, war unwiderruflich. Ich sagte also nichts dagegen – wir waren ja auch daran gewöhnt, Manfred trotz seiner Jugend zu respektieren -, ich lauschte vielmehr vollr Interesse dem, was er von seiner neuen Waffe zu sagen wußte. Als wir aus dem Garten wieder ins Haus traten, spürte ich mit Gewißheit, daß eine neue und große Aufgabe in ihm Wurzel geschlagen hatte… Vier Tage später reiste Manfred wieder ab…”

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